Reinhold Nann 19.
Rundbrief aus Perú, September 2012
LIebe Freunde
Am 8.9. hatte ich
einen Motorradunfall und nun ein gebrochenes Schienbein, was mir ploetzlich
ganz viel Zeit gibt, da habe ich mir gedacht, schreib doch mal wieder einen
Rundbrief.
Ich habe im ca 30min von Santiago entfernten Dorf
Rayambara ein Patronatsfest gefeiert (Geburt Mariens) und bin in einer engen
und steinigen Kurve mit dem Motorrad ausgerutscht. Bei dem Versuch mit dem Fuss
das Motorrad abzustuetzen, fiel mir das volle Gewicht der Maschiene auf das
Bein. Ich war mit dem Motorrad unterwegs, weil ein Seminarist gleichzeitig mit
dem Auto in einem anderen Dorf die Festmesse hielt. Ich hatte Glueck im
Unglueck: Mit dem Handy konnte ich in Santiago anrufen und schon nach 10 Minuten
nahm mich ein vorbeifahrender Kleinbus (hier faehrt nur alle 2 Tage ein
Fahrzeug vorbei) mit bis zum Krankenhaus in Santiago. Dort waren schon alle in
heller Aufregung, ichbekam eine Schmerzspritze,
wurde geroengt und wurde sofort im Krankenwagen nach Trujillo
befoerdert. Dort kam ich in eine Klinik, wo ich 2 Tage spaeter dann von einem
Spezialisten operiert wurde. Zuerst musste noch der Nagel aus Titanium in Lima
angefertigt und mit dem Flugzeug nach Trujillo gebracht werden. Der Nagel war
dann auch teurer als der 3 taegige Klinikaufenthalt, aber ich bin ja
versichert. Am Tag nach der Operation, die gut verlief, wurde ich entlassen und
bin jetzt bei einer befreundeten Familie in Trujillo untergebracht, mit
Kruecken kann ich mich schon bewegen, das wird wohl noch 2 Monate so bleiben.
Ich habe keine Schmerzen und kann vom Bett oder der Couch aus lesen, Leute
empfangen, mit dem Laptop arbeiten und beten, ich empfinde es wie ein aufgezwungenes Ausruhen. Meine
Aktivitaet in der letzten Zeit war schon recht heftig, vielleicht wollte mir
Gott mit diesem Unfall einfach mal die Prioritaeten veraendern. Ausserdem hat
mir dieser Unfall gezeigt, wieviele Menschen mit mir verbunden sind. Schon
wenige Minuten nach der Ankunft im Krankenhaus in Santiago kamen Leute, dann unzahlige
Anrufe und schliesslich Facebook und e-mails. Am Sonntag dem 9.9. konnte ich
mich vor Besuchen kaum retten, das hat jetzt Gottseidank wieder nachgelassen.
Aber es hat mir doch gezeigt, was fuer ein grosses Beziehungsnetz da gewachsen
ist.
In der Pfarrei
hat mich seit Maerz ein Seminarist im Gemeindepraktikum begleitet: Ricardo
Cornejo. Er wurde gerade am 11.9. zum Diakon geweiht und betreut nun waehrend
meiner Abwesenheit die Pfarrei. Ausser Ricardo kamen noch 2 Seminaristen, einer
betreut die Nachbarpfarrei Cachicadan und der andere arbeitet mit Pfr. Wilmer
Castillo in einer weiteren Nachbarpfarrei, die juristisch gesehen auch mir
unterstellt sind.
Im August hat
sich Samuel Nann als Voluntario verabschiedet. Es war eine gute Erfahrung ein
Jahr mit meinem Neffen zusammenzusein und auch ihm hat es gut gefallen hier.
Am 20.8. kam als nueuer Voluntario Patrick Friebel
aus Ueberlingen am Bodensee. Er wird auch ein Jahr lan bleiben. Sein
Taetigkeitsfeld ist die Pfarrschule, Jugend und Kinder in der Pfarrei und nun
auch besonders die Fahrdienste fuer den Diakon und spaeter fuer mich.
Im letzten
Rundbrief war ich nicht sicher, ob die Pfarrschule ueberhaupt weitergeht, aber
Anfang dieses Jahres haben sich dann doch erfreulich mehr Schueler angemeldet,
es sind jetzt ca. 50 in 4 Klassen (inclusive Kindergarten), so dass sich dieses
Jahr zum ersten Mal die Schule auch finanziell selbst tragen kann.
Seit Maerz wohnen
die 3 Ordensschwestern nun auch im neuerrichteten Schwesternhaus. Schwester
Yolanda ist Grundschullehrerin an der Pfarrschule, Schwester Carmen
Religionslehrerin an einer der beiden staatlichen Schulen und Schwester
Gumercinda arbeitet in der Pfarrei mit. Leider haben die Schwestern sich nicht
entschlossen, im ersten Stock ihres Hauses eine Gesundheitsstation
einzurichten, was eigentlich geplant war.
Das wohl
herausragendste Ereignis fuer mich in diesem Jahr war mein silbernes
Priesterjubilaum. Ich habe es an vielen Orten und mit vielen Menschen feiern
duerfen – in grosser Dankbarkeit fuer ein Geschenk, das Gott einem
zerbrechlichen Gefaess wie mir anvertraut hat.
Am 30. Mai habe
ich mit der Gemeinde gefeiert, wo ich auch zum „Adoptivsohn“ des Ortes Santiago
de Chuco erklaert worden bin, mit Sprechchoeren wie „Padre Reinaldo ist jetzt
Santiaguino“.
Am 31. Mai war
dann die Feier im Schoenstattheiligtum in Trujillo, wo ausser der
Schoenstattbewegung auch die Kolonie der Santiaguinos in Trujillo und Verteter
meiner frueheren Pfarrei aus der Esperanza zugegen waren.
Am 1. Juni hatte
ich eine Messe in Lima und dann gings gleich ins Flugzeug nach Deutschland
ueber Madrid. Eine Woche war ich zu Hause bei meinen Eltern, dann ging es nach
Israel mit meinem Weihekurs. Ich treffe meine Kurskollegen ja nur alle 5 Jahre
bei diesen Weihkurs-fortbildungen und es war ein gutes Zusammensein (wir waren
16!) und eine sehr gute Fuehrung durch die heiligen Staetten. Dann hatte ich
noch eine Festmesse in meinem Heimatort Achkarren und mit der
Schoenstattfamilie in Merzhausen.
Auf dem Rueckflug
habe ich noch eine Woche auf der iberischen Halbinsel halt gemacht und mit 3
Mitbruedern aus meinem Schoenstattpriesterkurs Santiago de Compostela und
Fatima besucht.
Anfang Juli kam
ich dann wieder in Santiago de Chuco an, wo gleich das Patronatsfest losging,
das ja 18 Tage lang dauert. Dann waren Priesterexerzitien der Dioezese Trujillo
und 10 Tage Mission in meiner Pfarrei: 50 Laienmissionare aus 4 Pfarreien
Trujillos haben 21 Doerfer aus meiner Pfarrei besucht (je 2 und 2). Sie
besuchen dann jedes Haus und laden zu abendlichen Veranstaltungen ein. Ich war
damit beschaeftigt, sie in die Doerfer zu bringen und wieder abzuholen, das
waren ca. 25 Fahrstunden.
Gerade faellt mir
auch ein, dass ich heute, am 14. September vor 21 Jahren zum ersten Mal nach
Peru kam.
Herzliche Gruesse
an alle, nun habe ich Zeit nicht nur zu schreiben, sondern auch fuer alle zu
beten.
Trujillo,
14.9.2012
Euer
/Ihr Reinhold Nann
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