Abschied und
Neubeginn
Wie ich in meinem letzten Rundbrief vom Maerz ja schon
ausfuehrlich beschrieben habe: der Amazonas hat mich fasziniert und nicht mehr
losgelassen. Ich war im Februar/ Maerz fuer 5 Wochen dort, um zu schauen, ob
ich das Klima und die Lebensbedingungen dort aushalte, und es ging. Ich bin
zwar auch schon 56 Jahre alt, fuehle mich aber noch fit fuer ein neues
Abenteuer.
Im September vor 25 Jahren bin ich in Lima angekommen und
war 5 Jahre in San Conrado. Eine spannende Zeit am Ende des Terrorismus,
Gemeindeaufbau in Elendsvierteln, die heute schon richtige Vorstaedte und
Geschaeftsviertel sind.
Dann war ich 5 Jahre in St. Konrad und Elisabeth in Freiburg
und habe das Zusammenwachsen zweier Pfarreien begleitet.
Seit Januar 2002 war ich in der Erzdioezese Trujillo, zuerst
6 Jahre am noerdlichen Stadtrand in La Esperanza, wo ich wieder eine sehr
lebendige Pfarrei in der Wueste geleitet habe. Zusaetzlich war ich auch ein paar
Jahre Generalvikar im Nordteil der Dioezese.
Dann war ich 5 Jahre Pfarrer in Santiago de Chuco, in den
Anden gelegen. Auch das war ein Neuanfang: Die Kultur der Anden ist ganz
anders, ich vermisste die jugendlichen Katecheten…. Aber auch dort bin ich mit
der Zeit heimisch geworden und habe sehr gerne dort gearbeitet.
Gegen Ende der Zeit in Santiago gab es eine Krise in der
Schoenstattbewegung, in die sich der Erzbischof von Trujillo auf unkluge Weise
eingemischt hat. Ich bin dann deswegen wieder in die Stadt Trujillo gegangen,
um von der Pfarrei in Alto Moche aus auch das Schoenstattheiligtum und die
Bewegung in Trujillo mitbetreuen zu koennen. Inzwischen ist die Krise
ueberwunden, aber meine innere Distanz zum Bischof wurde zu gross. So habe ich
mich dann nach etwas anderem umgeschaut. Und als der Weihbischof von Trujillo
Mons. Javier Travieso in San José del Amazonas Bischof wurde, tat sich da eine
interesante Tuer auf.
Im Juni war ich auf Besuch in Deutschland und habe mit
Erzbischof Stefan Burger ueber meine Plaene im Amazonas gesprochen und bin auf
offene Ohren gestossen. So wuchs dann langsam die Entscheidung, jetzt im
Februar an den Amazonas zu gehen.
Es ist keine leichte Entscheidung gewesen, denn dieser Teil
Perus ist nocheinmal eine ganz eigene Welt. Und die kirchlichen Strukturen dort
sind noch weitaus schwaecher: Es gibt dort keine Dioezesen, nur apostolische
Vikariate, und das von “San José del Amazonas” ist erst 1945 errichtet worden.
Dort fehlt kirchliches Personal noch sehr viel mehr, und viele Pastoralbesuche
auf den Doerfern finden nicht statt, weil die Transportkosten zu hoch sind (Es
gibt dort keine Strassen, die Fluesse sind der einzige Verkehrsweg).
Ich denke mit meinem Gehalt aus Freiburg, der Unterstuetzung
von Adveniat und einigen von Euch, dort so manches machen zu koennen.
Im Mai ist mein Vikar Segundo F. abgezogen worden, er ist
eigentlich eher Kooperator als Vikar, denn er ist in meinem Alter. Ploetzlich
tauchte von einem ehemaligen Priesteramtskandidaten eine Anklage auf sexuellen
Missbrauch durch ihn auf, dies sei vor 20 Jahren passiert. Er wurde sofort
vorsorglich vom Dienst suspendiert, eine bischoefliche Komission hat
Voruntersuchungen angestellt und den Fall vorschriftsgemaess nach Rom
weitergeleitet. Nach 6 Monaten Ermittlung hat der Staatsanwalt die Untersuchung
aus Mangel an Beweisen eingestellt. Aus Rom wartet er immer noch auf eine
Antwort. Alles deutet eigentlich eher auf einen Racheakt dieses ehemaligen
Seminaristen hin, aber natuerlich muss der Fall gruendlich geklaert werden, um
moegliche weitere oder gar zukuenftige Opfer zu schuetzen. Aber was ist, wenn
der Angeklagte selber das Opfer waere? Pfarrer bekommen hier ja kein Gehalt,
sie leben hauptsaechlich von den Dienstleistungen (v.a. Messen), und genau die
sind ihm ja jetzt untersagt…
Im Juli dieses Jahres war meine Schwester Martina mit
Familie bei mir zu Besuch. Sie waren in Cuzco, Trujillo und Iquitos. Es war
eine gute gemeinsame Zeit und viele Leute hier haben sich sehr gefreut,
Familienangehoerige von mir kennenlernen zu koennen.
Ich werde immer mehr zum Fan von Papst Franziskus. Sein
Einsatz fuer eine arme Kirche unter den Armen ist auch meiner. Sein Ruf mehr an
die Periferíen zu gehen, treibt mich an. Die Schreiben Evangelii Gaudium, Laudato
si und Amoris Laetitia sind mir aus dem Herz gesprochen.
Der November stand im Zeichen der Katechese: Erstkomunion
und Firmfeiern in der Pfarrei. Das heisst fuer mich vor allem Proben und
Beichthoeren. Viele Kommunionkinder machen jetzt im Dezember bei den
Herbergssuchen mit: eine Art Sternsinger, man singt Weihnachtslieder an den
Krippen der Familien. Viele Firmlinge machen beim Krippenspiel mit, das jetzt
am 24 aufgefuehrt wird.
Jetz steht noch ein anstrengender Monat des Verabschiedens
vor mir. Bin mal gespannt, wieviel Kilo ich zulege, auch hier geht Liebe oft
durch den Magen.
Am 5 Februar geht dann mein Flug nach Iquitos und von dort
mit dem Boot nach Indiana.Ich soll zunaechst von dort aus die ca 4 Stunden
entfernte Pfarrei in Francisco de Orellana aufbauen. Orellana hat nur ca 900
Einwohner, aber viel Doerfer drumherum. Es liegt an der Muendung des Napo in
den Amazonas, von daher auf Google schnell zu finden.
Ich denke dass meine elektronischen Verbindungen weiter
genutzt werden koennen, wenn auch das Internet nicht ueberall und auch nicht so
schnell ist: r.nann@web.de face: Reinaldo
Nann, Handy und whatsapp: 0051969961661
So wuensche ich allen ein Frohes Weihnachtsfest und ein
Gesgnetes Neues Jahr.
Betet fuer mich und lasst Euch von Gott ueberraschen.
Euer Pfr.
Reinhold Nann
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