martes, 30 de mayo de 2017

Alles am Fluss Rundbrief 27 Maerz 2017

Pfr Reinhold Nann                                                                                                        Rundbrief 27 aus Perú 3/17
Alles am Fluss
Liebe Freunde,
Nun bin ich schon fast 5 Wochen in Iquitos und doch noch nicht an meiner neuen Stelle. Diese erste Zeit ist noch eine Einfuehrungs- und Kennenlernphase. Ich bin zwar schon 20 Jahre in Perú, habe aber das Gefuehl, noch einmal ganz von vorne anzufangen.
Gleich am Anfang hat sich ein Zehennagel quer gestellt und musste teilweise gezogen werden. Ich schenkte dem kaum Beachtung, habe meinen normalen Rhytmus beibehalten und der Zeh wollte einfach nicht abschwellen. Daraufhin bekam ich eine Woche Bettruhe verordnet, was ich fuer intensives Lesen genutzt habe. An die Temperatur habe ich mich mittlerweile gewoehnt, auch das verlangsamt den Lebensrythmus weiter. Die Stechmuecken bleiben laestig, so langsam weiss ich wann und wo ich mich dagegen einschmieren muss.
Ich bin viel gereist. Von den 17 Pfarreien oder Missionsstationen habe ich 10 besucht, davon waren 4 nicht mit einem Priester besetzt. Alle liegen am Fluss: die meisten direkt am Amazonas oder an einem der 3 groesseren Nebenfluesse. Mein Reisebegleiter war Cesar Caro, spanischer Dioezesanpriester, der auch gerade hier seinen Dienst beginnt. www.kpayo.blogspot.pe
Wir haben viel gesehen, mit den anderen Missionaren geredet und von ihnen gelernt. Es gibt ein Netzwerk fuer Amazonaspastoral, das auch vom Vatikan und den deutschen Hilfswerken unterstuetzt wird: REPAM. Es hat unter anderem folgende Schwerpunkte: Pastoral an den Grenzen (Migration), Indiopastoral, Menschenrechte, lebenswertes Leben, Bildung. Es gibt in den 6 Laendern, in denen der Amazonas ist, 100 Dioezesen oder Vikariate, die am Amazonas gelegen sind. Der Amazonas produziert 20% des Sauerstoffs dieser Erde und einen grossen Teil des Suesswassers.
Meine zukuenftige Pfarrei: San Antonio del Estrecho
El Estrecho ist eine Klein- und Grenzstadt am Putumayo, der die Grenze zu Kolumbien bildet. Ausser den 5000 Einwohnern in der Stadt (knapp 1000 sind Militaer: Marine, Luftwaffe und Heer!) liegen ca 100 Doerfer an diesem Fluss, auf ca. 600km Laenge verstreut, die auch zur Pfarrei gehoeren. Diese Pfarrei hat seit Jahren keinen Pfarrer und wird von 3 Ordensschwestern betreut, die auch noch ein Internat haben. Dort sind Schueler aus den Doerfern, die dadurch die Moeglichkeit haben, eine weiterfuehrende Schule (nach der Grundschule) zu besuchen. In nur 5 Minuten bringt uns ein Fischerboot ans andere Ufer und ohne Grenzkontrolle bist Du in Kolumbien, in einem kleinen Fischerdorf. Bis vor kurzem waren dort noch die Farc – Rebellen an der Macht, sie geben in diesen Tagen ihre Waffen ab. El Estrecho ist ca. 300km noerdlich von Iquitos (Luftlinie). Es gibt keine Strasse, mit dem Boot waeren es ca. 2 Wochen. Gott sei Dank fliegt die peruanische Luftwaffe taeglich ca. 25 Passagiere und eine Menge Waren in weniger als einer Stunde dorthin.
Auf dem Bild bin ich am Flughafen mit Pfr. Cesar Caro und Schwester Lupita.
San Pablo: das Lepra Getto vor 90 Jahren
Ca 250km von Iquitos abwaerts am Amazonas liegt San Pablo. Dorthin wurden ab 1928 die Leprakranken des ganzen Gebietes verbannt und isoliert. Erst in den 40er Jahren fand Maxim Kuczynski, ein polnischstaemmiger Jude aus Berlin, der wegen den Nazis auswanderte und in Iquitos als Arzt wirkte, experimentell eine Behandlungsmethode. Er ist der Vater des heutigen Praesidenten von Peru! In den 50er Jahren war auch der Che Guevara fuer einige Monate hier, bevor er nach Kuba kam (siehe sein Motorradtagebuch). 1948 entstand die Pfarrei mit kanadischen Missionaren, die kanadischen Schwestern leiten bis heute das Lepra-heim, das allerdings nur noch 10 Patienten hat. Alle sind von der Lepra geheilt, Leiden aber an ihren Folgen (Verstuemmelungen). In der Praxis ist es ein Altenheim fuer Behinderte.
Das Dreilaendereck
Die Insel Santa Rosa ist 500km von Iquitos entfernt. Im Schnellboot sind das immerhin 11 Stunden. 5min ueber den Fluss im Fischerboot ist man entweder in Leticia/Kolumbien oder in Tabatinga/Brasilien, wenn zwischen beiden nicht ein Schild “Grenze” stehen wuerde, wuerde man den Uebergang nicht bemerkt haben. Beide Staedte sind Bischofssitze, haben auch einen Flughafen (sagen wir besser: Rollfeld). Es gibt hier im Grenzgebiet wegen fehlender Kontrolle viel Drogen- und Menschenhandel, letzterer vor allem fuer die Prostitution. In Santa Rosa ist die kleine Holzkirche in erbaermlichem Zustand. In wenigen Jahren wird der Holzwurm sie vernichtet haben. Hier wohnen ca 2000 Menschen, es gibt nur eine Art Mesnerin, zum Sonntagsgottesdienst den ein Priester aus Leticia haelt, kommen ca 10 Personen.
Ca 1 Stunde entfernt liegt Islandia, am Eingang zum Yawarí Fluss. Auch eine Insel, die die meiste Zeit des Jahres ganz unter Wasser steht. Die ca. 3000 Bewohner leben in einer Art Pfahlbauten, auch die Gehwege, die die Hauser verbinden, ruhen auf Pfaehlen. Es sieht ganz lustig aus, wenn die Kinder den grossen Platz als Schwimmbad benutzen. Die Pfarrkirche ist ganz nett, das Pfarrhaus aus Holz hat immerhin 10 Betten. Ich lerne die gerade angekommene Schwesterngemeinschaft kennen: 5 Schwestern zwischen 30 und 70 Jahren, alle aus Brasilien, aus 4 verschiedenen Ordensgemeinschaften, ohne Tracht. Sie werden die Pfarrei leiten und vor allem die Doerfer des Yawarí besuchen, die vor 9 Jahren zum letztenmal einen Pastoralbesuch von 2 Laienmissionaren bekommen haben. Es gibt dort viele Doerfer, die inzwischen zu 100% nichtkatholischen Gruppen angehoeren.
Ein Vikariat kurz vor der Pleite
Die Einnahmen einer Pfarrei hier belaufen sich auf ca. 40E monatlich an Kollekten und etwas weniger an Stipendien (Taufen und Messen). Das Vikariat erhaelt jaehrlich ca. 30.000E von Rom (Propaganda Fide, vor allem aus den Missionskollekten).  Sein Jahreshaushalt belauft sich auf knapp eine Million Dollar, wovon 2/3 in soziale Projekte gehen, die ueberwiegend ueber internationale Hilfswerke finanziert werden. Das Problem sind die Personalkosten der ca. 51 Missionare (Priester, Schwestern, Laien) und die Instandhaltungskosten der Haeuser, Kirchen sowie einige Verwaltungskosten. Dafuer klafft im Haushalt 2017 ein 100.000 US$ – Loch. Ich gehoere zu den wenigen Ausnahmen, die von ihrer Heimatdioezese ein Gehalt bekommen, und damit dem Vikariat keine Kosten verursachen. Ich habe bereits ein Hilfsgesuch an die Erzdioezese Freiburg geschickt, und hoffe auf eine grosszuegige Unterstuetzung. Ich werde auch die Haelfte meines Gehalts dem Vikariat geben, ich denke, dass mir die andere Haelfte sowohl fuer mich selbst als auch fuer die Pastoralarbeit in der Pfarrei genuegt. Diesmal bitte ich um eine grosszuegige Spende nicht fuer mich und meine Arbeit, sondern fuer die restlichen Missionare in diesem Vikariat. Vielleicht gelingt es mit vielen kleinen Hilfen das fuer uns grosse Loch zu stopfen. Ihr koennt eure Spende direkt auf mein Konto machen oder fuer die Spendenquittung an meine Heimatpfarrei in Vogtsburg.
In allen Schwierigkeiten mache ich immer wieder die Erfahrung: Gott laesst mich nicht im Stich. Diese Erfahrung wuensche ich Euch allen

Iquitos, 14.3.2017                                           Reinhold Nann                                                r.nann@web.de                Privat: IBAN: DE53 7509 0300 0007 1054 87  Pfarrei Vogtsburg: DE16 6806 3479 0024 1093 05 (Spende Reinhold Nann)

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