Ein deutscher
Bischof in Peru rückt die Armen ins Zentrum"Kein Protzbischof"
An einer
Kirchenkarriere hat er nie gearbeitet. Dafür mit Indigenen am Amazonas und
Slumbewohnern in Lima - Bischof Reinhold Nann. Papst Benedikt XVI. hätte ihn
nie zum Bischof gemacht, ist sich Nann sicher. Doch dann kam Franziskus.
Mit Franzikus
bekam die Arbeit Nanns in Elendsvierteln der peruanischen Hauptstadt Lima, in
armen Andendörfern und bei Indigenen im Amazonas einen anderen Stellenwert.
"Franziskus hat einen Wandel angestoßen. Eine Art Rückkehr zum Auftrag der
Bibel. Denn die Armen und Außenseiter, aber auch die Seelsorger, die an die
gesellschaftlichen Ränder gehen, sie stehen nun plötzlich im Zentrum der
Kirche."
Dies lasse sich
fast fünf Jahre nach der Wahl des Papstes aus Argentinien auch in der
vatikanischen Personalpolitik beobachten, so der 57-Jährige. Beim jüngsten
Treffen aller 114 während der vergangenen zwölf Monate neu geweihten
katholischen Bischöfe in Rom habe es nur wenige Universitätstheologen oder Kirchenmanager
gegeben, erklärt Nann. "Die meisten waren Praktiker. Und ich, der ich aus
einer der ärmsten Ecken Perus kam, fühlte mich nie als Außenseiter."
Von
Deutschland in die Anden und den Vatikan
Von Deutschland
in die Anden und den Vatikan: Hinter dem Mann mit schlichter Brille und dunklem
Wollpullover liegt ein langer Weg. Nann stammt aus dem kleinen
Kaiserstuhl-Weindorf Achkarren bei Freiburg. Schon während des
Theologiestudiums wollte er nach Lateinamerika, der Priesterseminarleiter war
dagegen. Erst im Zuge der damals neuen Kirchenpartnerschaft zwischen Freiburg
und Peru klappte es dann 1986.
"Gemeinsam
mit peruanischen Priestern haben wir am Stadtrand Limas gearbeitet. Es war eine
aufregende und manchmal auch gefährliche Zeit", erinnert er sich. Das Land
stand wegen des Kampfes mit den Terroristen vom "Leuchtenden
Pfad" am Abgrund. Für deutsche Staatsbürger gab es Evakuierungspläne.
Doch Nann blieb.
"Hungrig
nach Frieden"
Anfang der 1990er
wurde es ruhiger, und der junge Pfarrer traf auf Menschen, die der Terrorismus
und die Angst hungrig gemacht hatten: "Hungrig nach Frieden und hungrig,
religiösem Leben wieder Raum zu geben. Es war ein kirchlicher
Frühling." Bis heute hält Nann - mittlerweile über WhatsApp - Kontakt
zu der damaligen Gruppe von Jugendlichen, die er auf die Firmung vorbereitete.
"Das ist auch eine der großen Unterschiede zu Deutschland. In Peru kann
ich immer mit sehr vielen jungen Menschen arbeiten."
Nach mehr als 20
Jahren Lateinamerika fällt dem bescheiden auftretenden und häufig lächelnden
Mann mit hölzernem Bischofsring eine, so sagt er, Paragrafenfixierung der
deutschen Kirche auf. "Franziskus hat uns aufgerufen, mutig neue Wege
auszuprobieren und immer nach individuellen Lösungen zum Wohl der Einzelnen zu
suchen. Aber in Deutschland scheint es mir zu häufig in erster Linie um das
Einhalten des Kirchenrechts zu gehen."
Nann versprach
das "Gegenteil eines Protzbischofs" zu sein
Dabei ist Nann
kein linker Träumer oder Revolutionär. Er gehört der Gemeinschaft der
Schönstattpriester an, die der Marienverehrung besonderen Raum gibt. Zugleich
sieht er sich als Sympathisant der "neuen
Befreiungstheologie". "Ich bin ein Sünder, der sich von Gott
geliebt weiß", schrieb er nach seiner Ernennung in seinem Blog. Und er
versprach, das "Gegenteil eines Protzbischofs" zu sein - ein Don
Quichotte, der gegen den "Wind des Geldgötzen" kämpft.
"Geld darf nicht zum Heilmittel der Erlösung werden", sagt Nann. Er
beobachtet, dass auch in Lateinamerika Individualismus wächst und
gesamtgesellschaftliche Solidarität schwindet.
Seine
südperuanische Prälatur Caraveli reicht vom Meer bis auf 3.000 Meter Höhe. Und
ist ähnlich groß wie Baden-Württemberg. Aber dort leben nur etwa 150.000
Menschen, und in 22 Pfarreien arbeiten 15 katholische Priester. Um bei
Firmungen die Gemeinden zu besuchen, ist Nann stundenlang im Geländewagen auf
unbefestigten Pisten unterwegs.
Vor Weihnachten
ist er nun in Deutschland, um für die katholische
Adveniat-Weihnachtspendenaktion zu werben. "Die globalen Probleme von
Umweltzerstörung und Klimawandel, aber auch Fragen nach einer gerechten
Gesellschaft und fairen Arbeitsbedingungen können wir nur gemeinsam
lösen", zeigt sich Nann überzeugt. Christen dürften nicht wegschauen, wenn
Wohlstand auf Kosten anderer erkauft werde. In Peru hat er die globalen
Abhängigkeiten hautnah erlebt. "Zum Beispiel dann, wenn Regenwald
unwiederbringlich abgeholzt wird, um Kakao für Europa
anzubauen." Auch da ist Nann wieder nah bei Franziskus und dessen
Aufruf zur Bewahrung der Schoepfung. (KNA 30.11.17)
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