viernes, 23 de diciembre de 2016

Rundbrief 26 Weihnachten 2016


Abschied und Neubeginn

Wie ich in meinem letzten Rundbrief vom Maerz ja schon ausfuehrlich beschrieben habe: der Amazonas hat mich fasziniert und nicht mehr losgelassen. Ich war im Februar/ Maerz fuer 5 Wochen dort, um zu schauen, ob ich das Klima und die Lebensbedingungen dort aushalte, und es ging. Ich bin zwar auch schon 56 Jahre alt, fuehle mich aber noch fit fuer ein neues Abenteuer.

Im September vor 25 Jahren bin ich in Lima angekommen und war 5 Jahre in San Conrado. Eine spannende Zeit am Ende des Terrorismus, Gemeindeaufbau in Elendsvierteln, die heute schon richtige Vorstaedte und Geschaeftsviertel sind.

Dann war ich 5 Jahre in St. Konrad und Elisabeth in Freiburg und habe das Zusammenwachsen zweier Pfarreien begleitet.

Seit Januar 2002 war ich in der Erzdioezese Trujillo, zuerst 6 Jahre am noerdlichen Stadtrand in La Esperanza, wo ich wieder eine sehr lebendige Pfarrei in der Wueste geleitet habe. Zusaetzlich war ich auch ein paar Jahre Generalvikar im Nordteil der Dioezese.

Dann war ich 5 Jahre Pfarrer in Santiago de Chuco, in den Anden gelegen. Auch das war ein Neuanfang: Die Kultur der Anden ist ganz anders, ich vermisste die jugendlichen Katecheten…. Aber auch dort bin ich mit der Zeit heimisch geworden und habe sehr gerne dort gearbeitet.

Gegen Ende der Zeit in Santiago gab es eine Krise in der Schoenstattbewegung, in die sich der Erzbischof von Trujillo auf unkluge Weise eingemischt hat. Ich bin dann deswegen wieder in die Stadt Trujillo gegangen, um von der Pfarrei in Alto Moche aus auch das Schoenstattheiligtum und die Bewegung in Trujillo mitbetreuen zu koennen. Inzwischen ist die Krise ueberwunden, aber meine innere Distanz zum Bischof wurde zu gross. So habe ich mich dann nach etwas anderem umgeschaut. Und als der Weihbischof von Trujillo Mons. Javier Travieso in San José del Amazonas Bischof wurde, tat sich da eine interesante Tuer auf.

Im Juni war ich auf Besuch in Deutschland und habe mit Erzbischof Stefan Burger ueber meine Plaene im Amazonas gesprochen und bin auf offene Ohren gestossen. So wuchs dann langsam die Entscheidung, jetzt im Februar an den Amazonas zu gehen.

Es ist keine leichte Entscheidung gewesen, denn dieser Teil Perus ist nocheinmal eine ganz eigene Welt. Und die kirchlichen Strukturen dort sind noch weitaus schwaecher: Es gibt dort keine Dioezesen, nur apostolische Vikariate, und das von “San José del Amazonas” ist erst 1945 errichtet worden. Dort fehlt kirchliches Personal noch sehr viel mehr, und viele Pastoralbesuche auf den Doerfern finden nicht statt, weil die Transportkosten zu hoch sind (Es gibt dort keine Strassen, die Fluesse sind der einzige Verkehrsweg).

Ich denke mit meinem Gehalt aus Freiburg, der Unterstuetzung von Adveniat und einigen von Euch, dort so manches machen zu koennen.


Im Mai ist mein Vikar Segundo F. abgezogen worden, er ist eigentlich eher Kooperator als Vikar, denn er ist in meinem Alter. Ploetzlich tauchte von einem ehemaligen Priesteramtskandidaten eine Anklage auf sexuellen Missbrauch durch ihn auf, dies sei vor 20 Jahren passiert. Er wurde sofort vorsorglich vom Dienst suspendiert, eine bischoefliche Komission hat Voruntersuchungen angestellt und den Fall vorschriftsgemaess nach Rom weitergeleitet. Nach 6 Monaten Ermittlung hat der Staatsanwalt die Untersuchung aus Mangel an Beweisen eingestellt. Aus Rom wartet er immer noch auf eine Antwort. Alles deutet eigentlich eher auf einen Racheakt dieses ehemaligen Seminaristen hin, aber natuerlich muss der Fall gruendlich geklaert werden, um moegliche weitere oder gar zukuenftige Opfer zu schuetzen. Aber was ist, wenn der Angeklagte selber das Opfer waere? Pfarrer bekommen hier ja kein Gehalt, sie leben hauptsaechlich von den Dienstleistungen (v.a. Messen), und genau die sind ihm ja jetzt untersagt…

Im Juli dieses Jahres war meine Schwester Martina mit Familie bei mir zu Besuch. Sie waren in Cuzco, Trujillo und Iquitos. Es war eine gute gemeinsame Zeit und viele Leute hier haben sich sehr gefreut, Familienangehoerige von mir kennenlernen zu koennen.

Ich werde immer mehr zum Fan von Papst Franziskus. Sein Einsatz fuer eine arme Kirche unter den Armen ist auch meiner. Sein Ruf mehr an die Periferíen zu gehen, treibt mich an. Die Schreiben Evangelii Gaudium, Laudato si und Amoris Laetitia sind mir aus dem Herz gesprochen.

Der November stand im Zeichen der Katechese: Erstkomunion und Firmfeiern in der Pfarrei. Das heisst fuer mich vor allem Proben und Beichthoeren. Viele Kommunionkinder machen jetzt im Dezember bei den Herbergssuchen mit: eine Art Sternsinger, man singt Weihnachtslieder an den Krippen der Familien. Viele Firmlinge machen beim Krippenspiel mit, das jetzt am 24 aufgefuehrt wird.

Jetz steht noch ein anstrengender Monat des Verabschiedens vor mir. Bin mal gespannt, wieviel Kilo ich zulege, auch hier geht Liebe oft durch den Magen.

Am 5 Februar geht dann mein Flug nach Iquitos und von dort mit dem Boot nach Indiana.Ich soll zunaechst von dort aus die ca 4 Stunden entfernte Pfarrei in Francisco de Orellana aufbauen. Orellana hat nur ca 900 Einwohner, aber viel Doerfer drumherum. Es liegt an der Muendung des Napo in den Amazonas, von daher auf Google schnell zu finden.

Ich denke dass meine elektronischen Verbindungen weiter genutzt werden koennen, wenn auch das Internet nicht ueberall und auch nicht so schnell ist: r.nann@web.de face: Reinaldo Nann,  Handy und whatsapp: 0051969961661

So wuensche ich allen ein Frohes Weihnachtsfest und ein Gesgnetes Neues Jahr.

Betet fuer mich und lasst Euch von Gott ueberraschen.

Euer                                                                                                                                    Pfr. Reinhold Nann

lunes, 7 de marzo de 2016

Die Kirche am Amazonas kennenlernen


Nachdem ich fast 20 Jahre an der Kueste und in den Anden Perus Pfarrer war, hat mich die Neugier gepackt, wie die Kirche im peruanischen Urwald funktioniert. Immerhin umfasst der Urwald ca. 2/3 des peruanischen Staatsgebietes, obwohl hier nur ca.10% der Einwohner leben. Bischof Javier Travieso, der zuvor Weihbischof in Trujillo war, ist jetzt seit einem Jahr apostolischer Administrator des Vicariats “San José del Amazonas” und hat mir eine fuenfwoechige Erfahrung in Indiana (bei Iquitos) zwischen Februar und Maerz 2016 ermoeglicht.
Ein Flugzeug bringt mich von Lima aus in knapp 2 Stunden nach Iquitos. Der Bischof selbst holt mich am Flughafen ab und wir fahren mit einem Mototaxi (eine Art motorisierter Rikscha) in 15 Minuten zum Zentrum des Vikariats nach Punchana/Iquitos. (Ein Vicariat ist eine Art Missionsdioezese. Wegen fehlendem einheimischen Klerus wird es einer Ordensgemeinschaft anvertraut). Hier gibt es ein grosses Gaestehaus fuer Missionare und Gaeste, Bueros, eine Katechesezentrum, ein Zentrum fuer Bibelstudien, die ODEC (zustaendig fuer Religionslehrer), eine Krankenstation, ein Haus fuer Ordensschwestern und eines fuer Laienmissionare, fast wie ein kleiner Vatikan.
Der Bischof residiert hauptsaechlich hier, obwohl der Ort in der Nachbardioezese Iquitos liegt, aber es ist einfach verkehrsmaessig sehr viel zentraler. Das Klima ist warm und feucht, wenn es nicht gerade regnet ist man staendig am schwitzen. Die Mosquitos im Haus und selbst in der Stadt halten sich tagsueber sehr zurueck, am Abend ab 17Uhr muss man sich spaetestens schuetzen.
Etwas zur Geschichte
Im Amazonas gab es eingeborene Stammeskulturen (Jaeger und Sammler), vergleichbar mit den wenigen verbliebenen heutigen Staemmen,  mindestens seit 1500 vC. Die Staemme sind Gruppen von Familien, geleitet von einem Patriarchen. Dieses Amt uebt der Beste aus, es ist nicht erblich. Es herrscht das Prinzip der Beteiligung und der Gegenseitigkeit. Tradition wird ueber Mythen und Geschichten weitergegeben. Der Schamane oder Heiler uebt eine wichtige Funktion aus.  
Francisco de Orellana entdeckt den Amazonas, nur 20 Jahre nach der Ankunft der Spanier an der peruanischen Kueste unter Francisco Pizarro. 1683 kommen die Jseuiten aus Quito, die mit 13 Reduktionen die Provinz Maynas begruenden. Eine Reduktion ist ein von Ordensleuten geleiteter Bezirk, in den sonst keine Europaer Eintritt haben und die Indios so vor Ausrottung schuetzt. Die Missionare lehren auch Ackerbaumethoden der Anden und aus Europa. Trotzdem gab es Rebellionen und 6 Jesuiten fanden den Tod. 1769 wurden der Jesuitenorden und seine Reduktionen aufgeloest. Nun kommen Geschaeftsleute und Agrarunternehmer, die zunaechst im “hohen Urwald” Kaffee und Coca anbauen, sowie Viehzucht betreiben und sich nach und nach auch am Rande des Amazonas und seiner Zufluesse ausbreiten. Gut 100 Jahre lang gibt es in dieser Zone ueberhaupt keine kirchliche Praesenz mehr.
Von 1880 bis 1914 bricht eine Art Goldrausch am Amazonas aus: Es herrscht ein grosser Bedarf weltweit nach Kautschuk und fast nur hier rinnt dieses Harz von den Bauemen. Die Indios wurden gezwungen, eine bestimmte Menge taeglich abzuliefern und praktisch versklavt. Die nicht-indianische Bevoelkerung nimmt rasant zu: von 18.000 im Jahr 1876 auf ueber 120.000 in 1920. Dann geht der Spuk ploetzlich zuende, weil es den Englaendern gelungen ist, den Kautschukbaum  in Plantagen in Asien heimisch zu machen. Der Preis verfiel, viele Auslaender kehren zurueck,
In dieser schwierigen Kautschukzeit kehrt auch die Kirche wieder nach Iquitos zurueck. 1901 wird die Praefektur San Leon del Amazonas begruendet und den spanischen Augustinern uebergeben. 1945 wird dann das Vikariat San José gegruendet, den kanadischen Franziskanern uebergeben,  und von Iquitos abgetrennt.  .
Ab 1970 ereignen sich 3 wichtige Phaenomene am Amazonas, die bis heute nachwirken: 1. Bei Iquitos werden Oelvorkommen entdeckt, abgebaut und mit Pipeline ueber die Anden an die Kueste gepumpt. Die Erdoelsteuer ist heute die wichtigste Einnahme der Gemeinde- und Bezirksverwaltungen. Das hat Arbeitsplaetze geschaffen, aber auch Umweltbelastung und Zerstoerung von Familien. 2. Fast gleichzeitig wurde die Cocapflanze nun als Rohstoff fuer Kokain entdeckt. Das hat riesige neue Anbauflaechen im “hohen Urwald” geschaffen mit der entsprechenden Kriminalitaet der Drogenhaendler, die auf dem Amazonas nach Kolumbien und Brasilien gelangen. 3. In den 80er Jahren taucht die Terrororganisation Sendero Luminoso auf.

Der “Exodus” der Kirche am Amazonas
Die Kirche ging nicht weg, hat aber einen entscheidenden Veraenderungsprozess durchgemacht. Sie will nicht mehr nur taufen und Katechese machen sondern sich wirklich am Amazonas und auch bei den Ureinwohnern inkulturieren. Mit dem 2.Vatikanum (1962-65) begann ein Prozess der Veraenderung in der Gesamtkirche. Die Abteilung Mission des Lateinamerikanischen Bischofsrates lud 1971 zu einem “Transamazonischen Missionskongress” in Iquitos ein. Dieses Treffen von Bischoefen, Missionaren, Soziologen und Antropologen hat zu einer neuen Sichtweise gefuehrt. Das Schlussdokument Nr. 32 sagt: “Die Kirche entscheidet daher, selbst amazonisch zu werden, sich mit diesen Voelkern, zu denen sie gesandt ist, zu solidarisieren und sich in ihre Kulturen, Riten, Aemtern und Strukturen  zu inkulturieren.
Ab da gab es eine Serie von internationalen und nationalen Treffen zur Urwaldpastoral und es wuchsen folgende pastorale Linien heraus:
-          Eine differenzierte Pastoral fuer Stadtbewohner, Uferbewohner und Eingeborene.
-          Dem Urwaldbewohner zuhoeren, seine Sprache und Gewohnheiten wertschaetzen, nicht mehr das “Heidnische” abwerten, sondern es zu integrieren versuchen, als Basis fuer die Verkuendigung verwenden
-          Einheimische Katecheten und Gemeindeleiter ausbilden
Tatsaechlich hat diese neue Pastoral Fruechte bis heute gezeigt: Es gab einige Missionare, die wirklich mit den Eingeborenen gelebt haben, die deren Rechte verteidigt haben sowie Gesundheits- und Entwicklungsproyekte angestossen haben. In der Uferpastoral konnten viele Gemeindeleiter gewonnen werden. Die Pastoral in den Staedten funktioniert dagegen aehnlich wie in den Anden oder den Staedten der Kueste. Es gibt eindrueckliches katechetisches Material, in dem die Bruecke von der traditionellen Stammesreligion zum Christentum geschlagen wird.
Die Rechte der Dorfbewohner im Urwald zu schuetzen, bedeutet auch die Umwelt zu schuetzen. Der Urwaldbewohner, der sich noch nicht vom staedtischen Profitdenken angesteckt hat, schuetzt seine Mutter Erde, die ihm Wohnung und Nahrung gibt.
Dennoch gibt es auch grosse Probleme: Die Staemme loesen sich langsam auf, die Sprache und Identitaet verschwindet im Migrationsprozess. Die Stadt mit ihrer Konsumkultur ist ein Magnet. Die Verschmutzung des Amazonas durch Oel- und Goldsucher nimmt zu. Evangelikale Gemeinden breiten sich aus und katholiche Gemeinden duennen sich aus. Auslaendische Missionare (und ihre Finanzen) nehmen rasant ab. Der einheimische Klerus ist noch ganz gering und kann sich nicht selbst finanzieren
Einige Daten des Vikariats San José
Auf einem Gebiet von 150.000 Quadratkilometern leben 150.000 Menschen. Dieses Gebiet hat Grenzen mit 3 Nachbarlaendern: Ecuador und Kolumbien im Norden und Brasilien im Osten. Es gibt 16 Missionsposten oder Pfarreien, aber nur 11 Priester, davon nur 3 einheimische. Die Haelfte der Pfarreien wird von Ordensschwestern oder Laien geleitet. Jede Pfarrei hat auf hunderten von Kilometern Seeweg 60 bis 100 Doerfer zu versorgen. (Es gibt keine Strassenverbindungen zwischen den Doerfern). Zu manchen Doerfern geht die Fahrt ueber mehrere Tage. Frueher hatten die Missionare ihr eigenes Boot, heute gibt es sehr viele oeffentliche Schnellboote.
Jedes Jahr gibt es eine Art Pastoralversammlung ueber 6 Tage, zu der alle Priester, Ordensschwestern, Laienmissionare (Mexikaner und Polen)  und 3 Gemeindeleiter pro Pfarrei kommen. Hier wird die Pastoral ausgewertet und fuer das neue Jahr geplant. Jede Pfarrei bildet ausserdem ihre Katecheten und Gemeindeleiter aus (meist zweimal im Jahr). Die Eingeborenenpastoral scheint keine eigene Koordination zu haben.

Wie leben die Leute?
Im Stadtzentrum von Indiana gibt es nur wenige Backsteinhauser. Die Mehrheit wohnt in Holzhauesern, am Wasser entlang stehen diese auf Pfaehlen, da der Wasserspiegel schwankt. Es gibt kaum Mueckengitter an den Fenstern, aber ueber der Matratze oder Haengematte schon. Die Daecher sind meist aus Wellblech, der Boden aus Holzbrettern oder Zement.
Einige arbeiten fuer die Gemeindeverwaltung oder den Staat, es gibt Haendler und Mototaxis (ca 50!) Viele haben ein Feld und fischen. Fast alle haben Handys, es gibt sogar free W ifi auf der Plaza, aber langsam. Es gibt einen Stromgenerator fuer alle, nachts von 12 bis 6am wird er abgeschaltet.
Auf den Doerfern am Ufer der Fluesse gibt es meist eine Grundschule und eine Art Dorfapotheke. Alle leben von Landwirtschaft (Reis, Yuca, Bananen) und Fischfang. Die Haueser sind aus Holz mit Palmdaechern. Es gibt keinen Strom, selten Trinkwasser und kein Handy. Wenige haben Solarstrom. Meist gibt es einen Laden.
¿Was mache ich hier in Indiana?
Indiana ist eine Kleinstadt mit knapp 3000 Einwohnern, Sitz des Distrikts mit nocheinmal 5000 Menschen, die in Doerfern am Ufer wohnen. Das Zentrum des Vicariats ist gross, ca 100 koennen hier uebernachten. Im Moment wird die Pfarrei vom Nachbarpfarrer in Mazan mitverwaltet, der mit seinem Motorrad in 15 min hier sein kann
Jetzt ist Ferienzeit, sodas gerade nicht viel los ist in der Pfarrei. Der Nachbarpfarrer (ein Einheimischer) ist an Malaria erkrankt (er ist in Behandlung)und ganz froh, dass ich ihm die Gottesdienste abnehme.
 Ich war zweimal in Mazán und Aucayo (Nachbarpfarreien). Nach Aucayo, das ca. 2 Stunden von Indiana entfernt ist – man faehrt ueber Iquitos- hat mich Schwester Jean mitgenommen, eine kanadische Ursulinin. Einmal zu einer Krankensalbung und das andere Mal zu einer Hochzeit, weil der dortige Pfarrer  gerade in Lima ist. Jean ist ueber 80 Jahre alt, seit 1962 am Amazonas.
Sonntags zelebriere ich 2 Messen in Kapellen von Indiana (die haben sonst Wortgottesdienste) und die Gemeindemesse am Abend. Das ist die einzige Sonntagsmesse in dieser “Kathedrale”.
An den Wochentagen habe ich vormittags meist Zeit zum Beten, lesen und studieren. An den Nachmittagen besuche ich Familien mit dem Bild der Pilgermuttergottes. In zwei Zonen haben mich die Gemeindeleiter begleitet und die Familien vorher ausgesucht. Wir beten, ich segne das Haus und wir sprechen ein wenig, so lerne ich eine ganze Menge Leute kennen. Am Abend dann die Messe in der Pfarrei, zu der manchmal nur 3-5 Leute kommen. Ich werde an der Pastoralversammlung teilnehmen und an 3 Tagen  zukuenftigen Religionslehrern Vortraege halten.
An das Klima habe ich mich schnell gewoehnt. Moeglichst wenig bewegen, um nicht noch mehr zu schwitzen heist die Devise. Wenn es regnet und in der Nacht sind die Temperaturen angenehm. Die Muecken sind schon ein Problem, in der Stadt hauptsaechlich ab 5Uhr abends. Die Mueckenschutzcreme haelt leider nur ca 2 Stunden an. Nach 10 Tagen hatte ich ploetzlich viele Stichwunden unter den Socken, das waren aber eine Art Minizecken (Isangos), gegen die es kein Mittel gibt. Ich musste zum Arzt, der mir jedoch gleich helfen konnte.
In dieser Jahreszeit regnet es heftig und viel. Das laesst die Fluesse ansteigen.
Die Religiositaet im Urwald
Der hautnahe Umgang mit der Natur laesst den Menschen im Urwald Gott als Schoepfer und Ursprung allen Lebens verstehen. Fuer ihn haben alle Tiere und Pflanzen eine Seele, menschliche, tierische und pflanzliche Seelen koennen sich ineinander verwandeln. Aber das Leben im Urwald produziert auch Aengste: Da soll es den Tunchi (boesen Geist) und Verhexungen geben. Es gibt Zauberer (Schamanen). Traeumen wird eine grosse Bedeutung beigemessen.
Die Mehrheit ist getauft, aber der biblische Glaube ist nur schwach entwickelt. Viele haben keinerlei Kontakt zur Kirche. Ein gewisser katholischer Volksglaube ist da, aber viel schwaecher als im Andenraum: Glaube an das Weihwasser, sich bekreuzigen, einen Rosenkranz zum Schutz um den Hals haengen… Totenmessen und Prozessionen spielen weniger eine Rolle.
Auch wenn die Leute die alten Stammesreligionen laengst nicht mehr praktizieren, ist noch viel von der Naturrelgion zu spueren. Nach wie vor hat der Schamane eine wichtige Rolle, vor allem bei Krankheiten, selbst bei Menschen in der Stadt. Evangelisieren bedeutet hier heute nicht mehr die Naturreligion ablehnen sondern in ihr Anknuepfungspunkte fuer christliches Denken suchen. Das bedeutet, diese Kultur ersteinmal kennenlernen und wertschaetzen.  In diesem Prozess muss manches christliche neu formuliert werden, mit der Zeit auch die Gebete und Liturgie, wobei ich da kaum Innovation mitbekommen habe.
Ausser der Taufe gibt es kaum sakramentales Leben. Einige wenige in der Stadt gehen zur Kommunion oder heiraten. Auf dem Dorf sind diese Sakramente meist erst im Sterbefall aktuell.
Sehr viele Doerfer haben einen Gemeindeleiter oder Katecheten, der Sonntags auch eien Wortgottesdienst haelt. Allerdings ist die Zahl der Teilnehmenden oft auch sehr gering, der Sektenprediger hat meist mehr Zulauf.
An die Periferíe gehen
Geographisch ist dieses Vikariat mit Sicherheit das abgelegenste, schliesslich grenzt es an 3 Nachbarstaaten an. Die Distanzen sind enorm (Die Grenze nach Kolumbien am Fluss  Putumayo ist ca 1000km lang). Der einzige Verkehrsweg sind die Fluesse, manche Orte werden auch mit dem Wasserflugzeug angefahren, aber zu ziemlich hohen Preisen. Es gibt viele Krankheiten (Magen Darm: Hepatitis) und tropische: Dengue, Gelbfieber und Malaria). Der Staat und die Kirche glaenzen in den weiter entfernten Orten durch ihre Abwesenheit
Dennoch ist es gerade hier, wo die Kirche versucht ihre Option fuer die Armen zu leben. Hier geht sie an die Raender, wie Papst Franziskus das sagt.
Dazu braucht sie sehr viel mehr Missionare, auch Laien, die bereit sind, sich auf diese Bedingungen  und Menschen einzulassen. Die bereit sind zu lernen und die Menschen, so wie sie sind, anzunehmen. Misereor und Adveniat unterstuetzen hier Gott sei Dank viele Projekte.
Der Amazonas braucht unser Gebet und unsere Unterstuetzung

Indiana, Maerz 2016                                                                     Pfr  Reinhold/Reinaldo Nann