domingo, 18 de junio de 2017

Obispo

Hier stehe ich vor der Eisenwarenhandlung Obispo (auf deutsch: Bischof) in meiner bisherigen Pfarrei in San Antonio de El Estrecho.

Wer ist der neue Bischof von Caraveli? Wer ist Reinaldo Nann?



Ich bin ein Suender. Einer der sich von Gott geliebt weiss. Das gibt mir die Kraft, taeglich an mir zu arbeiten.
Ich bin ein Wahl-Peruaner mit deutschem Migrationshintergrund. Seit mehr als 20 Jahren in Armenviertel in Perú, am Stadtrand von Grossstadten an der Kueste, in den Anden, im Urwald. Ich spuere eine Chemie mit den einfachen und auch einigen nicht ganz einfachen Leuten in Peru. Ich bin gerne hier, vermisse dennoch staendig die deutsche Puenktlichkeit und Ordnung, aber manchmal gehts auch ganz gut ohne. Manchmal geht mein Charakter mit mir durch (“jetzt hat er wieder den Deutschen rausgelassen”). Mit meinem Hang zum Perfektionismus stehe ich mir oft selbst im Weg. Ich bin fuer das Einfache und das Praktische im Leben.
Ich bin Pilger und gehe gerne zu Fuss. Mit eleganter Kleidung und Ausruestung kann ich wenig anfangen, sie muss funktional sein. In meinem Denken und Handeln bin ich praktisch, aber ich bin auch Intellektueller, ich lese viel und gerne, will den Hintergrund und den Ursprung dessen, was ich hier erlebe verstehen. Ich hasse Schlangestehen. Das stresst mich ungemein. Mein einziges Gegengift ist ein gutes Buch oder Rosenkranzbeten.
Ich bin Kaiserstuehler. Ich ka noch alemannisch schwaetze. Ich mag das Landleben und die Natur. Ich habe als Kind und Jugendlicher auch in den Reben mitgearbeitet, in der Werkstatt von meinem Vater, aber meine grosse Liebe in dieser Zeit wurden die Buecher.
Ich bin ein Mann Gottes und ein Kind Mariens. Ich bete und meditiere gerne. Maria ist eine Mutter fuer mich, vor der ich mich auch mal ausheulen kann. Ich will mich von Gott fuehren lassen, indem ich auf seine Zeichen und Spuren in meinem Leben achte.
Ich bin ein Missionar, kein Kirchenfunktionaer. In jedem Menschen und in jeder Kultur und Religion entdecke ich zuerst das Positive, entdecke ich Gott bereits gegenwaertig und freue mich darueber. Erst dann gebe ich Zeugnis von meinen Erfahrungen mit Gott. Im Dialog, ganz ohne Druck und Rechthaberei, nicht wie so manche frueheren Missionare.  Erst geht es um den Menschen, dann um Gott. Das geht nur gemeinsam, dann kommt Kirche ins Spiel.  
Ich liebe die Kirche. Sie ist eine Mutter fuer mich. Etwas in die Jahre gekommen, mit Runzeln und so. Auf meine Mutter lasse ich nichts kommen, aber natuerlich darf ich als Sohn auch Klartext reden. Ich halte viel auf Familientradition, aber ohne staendige Erneuerung geht die Familie zugrunde. Die Figur des Jesus von Nazareth und von Papst Franziskus faszinieren mich, ebenso Taizé und die Befreiungstheologie (allerdings ohne sozialistischen Hintergrund). In der Schoenstattbewegung habe ich schon frueh meine geistliche Heimat und tragende Gemeinschaft gefunden. Dort habe ich gelernt, im Buendnis zu leben und zu arbeiten: mit Gott, mit allen lebendigen Kraeften und Stroemungen der Kirche, vor allem mit dem einfachen Volk.
Ich versuche in der Kirche nicht zu polarisieren. Ich kann in Progressiven und Konservativen etwas Gutes finden und mit Ihnen zusammenarbeiten. Ich werde vor allem mit den Armen eine Kirche der Armen bauen (meine Praelatur ist eine der aermsten Perus), die Reichen duerfen gerne dabei mithelfen. Ich kaempfe nicht um Programme oder Ideen, sondern fuer die kleinen Leute. Ich suche den Feind nicht in Personen und Gruppen, sondern im Materialismus und Konsumismus, die sich in den Haltungen von uns Menschen ausdruecken, auch bei mir. Ich will ungefaehr das Gegenteil von einem Protz-Bischof sein. Ich weiss, dass ich damit einige provozieren werde, aber es geht mir nicht um die Personen sondern um eine konsequente Haltung.
Ich gebe nicht viel auf Titel. Mir gefiel die Anrede “Vater” oder “Vaeterchen”(padrecito), die die Leute in Peru dem Priester geben. Ich fuehle mich nicht wohl mit der Anrede “Monsignore” oder “Exzellenz”. Es waere toll, wenn alle die mich als “Reinhold” kennen, mich auch weiterhin so anreden wuerden. Und die anderen vielleicht “Bruder Bischof”. Vielleicht faellt auch einem noch was besseres ein…
Ich bin ein Don Quijote, der unentwegt, einsam und voellig aussichtslos gegen den Wind des Geld-Goetzen kaempft. Er ist maechtig und wird angebetet von Reichen und Armen, auch innerhalb der Kirchen. Aber mit Gott ist nichts unmoeglich. Kaempfst Du mit?
         

lunes, 12 de junio de 2017

Langsam wirds mir klar


Am 27. Mai 12Uhr veroeffentlichte es der Vatikan auf seiner Homepage: Reinhold Nann ist Bischof der Praelatur von Caraveli (Perú). Damit war es oeffentlich. Eine Stunde spaeter ging es los: Anrufe, mails, Facebook, whatsapp und Interviewwuensche: Radio Vatikan, Schoenstatt Sao Paulo, Badische Zeitung…Und ploetzlich bin ich in Wikipedia… Nach drei Tagen ging der erste Sturm vorueber.

Ich wollte nie Bischof werden. Ich wollte Karriere nach unten machen. Wie Jesus eben. “Obwohl er von da oben war, hat er sich selbst klein gemacht und wurde in allem dem einfachen Volk gleich” (Phil 2). Und dann wurde Franziskus Papst. Und machte es genauso. Er will keine Bischoefe mit “Prinzengehabe” sondern “Hirten mit Stallgeruch”. Das ist meins. Ich bin ein Allrad-Missionar mit Schlamm an den Schuhen. Jetzt wird es mir immer klarer: Genau den will Franziskus als Bischof haben. In einer Kirche, die eher einem Feldlazarett gleicht. Nicht ich muss mich veraendern, das Bischofsamt ist sich am aendern. Da bin ich dabei. Jetzt kann ich mit Freude dazu ja sagen.
Wahrscheinlich wird das einige von der alten “Prinzengarde” beunruhigen. Gut so. Ich habe nicht vor, mich mit ihnen anzulegen. Ich werde einfach meinen Job machen und nach vorne schauen im abgelegenen Caraveli.
Ich fuehle mich noch etwas benommen, so wie Franziskus bei seiner Antrittsrede auf dem Balkon des Petersdoms. Fast vom Ende der Welt haben sie mich geholt. Ein “Gringo” aus dem Putumayo wird Bischof in Peru. Ich spuere dass ich das Gebet und die Unterstuetzung der Leute brauche. Darum sage ich euch immer wieder: Betet fuer mich. Ich brauche es. Danke.
Nach der Verabschiedung am 11. Juni, verlasse ich den Putumayo mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Jugendliche haben mir  ein paar ganz schlichte und herzliche Abschiedsbriefe uebergeben. Nach der Messe der obligatorische abrazo (Umarmung).
Meine Bischofsweihe wird am 15. August in Trujillo sein. Meine Amtseinfuehrung in Caraveli ist am 22. August.
Caraveli ist eine Art Weindorf mit nur 1000 Einwohnern (also fast wie Achkarren), mit  tagsueber warmen und nachts angenehm frischen Temperaturen. Die Situation der Seelsorge in Caraveli ist nicht einfach, doch davon hoert ihr ein andermal . Von Lima aus sind es 10h Busfahrt , von Arequipa aus sind es auch noch 5-6 Std.
Ich werde bis zur Weihe ueberwiegend in der deutschen Gemeinde von Lima sein: Parroquia Alemana, Dos de Mayo 259, Miraflores (Lima). Tel. 0051-1-4471881
Mit allen mit denen ich vorher per Du war, wuerde ich das auch gerne bleiben. Freundschaft hoert fuer mich mit der Weihe nicht auf! Ihr koennt mich Bruder Bischof oder auch schlicht mit dem Namen nennen, ich lege keinen Wert auf Titel.
Herzlichen Dank fuer alle Glueckwuensche und Gebete.                            Ihr/Euer Reinhold Nann