miércoles, 14 de agosto de 2019

Interview zur Amazonassynode


1) Herr Bischof Nann, die Amazonas-Synode weckt im Vorfeld in vielen

Ländern Hoffnungen und Befürchtungen. Wie sehen Sie das?



Ich denke dass es in Europa viele ueberzogene Erwartungen und Befuerchtungen gibt. Die Amazonassynode ist kein allgemeines Konzil. Sie wird die Kirche nur besser fuer die Realitaet des Amazonasgebiets aufstellen. Europa muesste fuer seine Kirchenreform schon eine eigene europaische Synode machen. Sie ist und bleibt eine lokale Synode, allerdings was das Klima und den Umweltschutz betrifft, wird die Synode universal sein. Fuer mich als Bischof in Peru ist die Synode eine grosse Hoffnung: Die Kirche wird wirklich zur Ortskirche und kuemmert sich ganz konkret und direkt um die Menschen und die Umwelt, mit all ihren Problemen und das mit direktem Rueckenwind von Papst Franziskus.



2) Teilen Sie die Skepsis, die mehrere Kardinäle mit Blick auf das

Instrumentum laboris geäußert haben? Sehen Sie Korrekturbedarf?



Es ist schon eigenartig, dass diese Kardinaele alle keinerlei Bezug zum Amazonasgebiet haben. Und sie scheinen an spirituellem Alzheimer zu leiden. Das Instrumentum Laboris ist naemlich zum allergroessten Teil die Anwendung der Enzyklica Laudato Si auf ein konkretes Gebiet hin. Und diese Enzyklica ist schliesslich auch Teil des obersten kirchlichen Lehramts, wodurch manche dieser Kritiker unter Haeresieverdacht zu stellen waeren.



3) Trifft das Instrumentum laboris die Probleme der Menschen in Ihrer

Region?

Ja. Ich arbeite im Moment in den Anden, also nicht mehr im Amazonasgebiet. Aber die Quelle des Amazonas liegt in den Anden, keine 300km von meinem Bischofssitz entfernt. Und die Kultur der Andenbewohner ist in vielem denen der Amazonasbewohner aehnlich. Auch hier sind die Menschen arm aber sehr mit der Natur verbunden. Auch hier ist diese Natur von Minen bedroht. Auch hier herrscht ein eklatanter Priestermangel.



4) Welche Bedürfnisse und Nöte der Menschen im Amazonas sollte die Kirche

sorgfältiger in den Blick nehmen?



Kirche muss praesenter vor Ort werden. Es kann nicht sein, dass ein Dorfbewohner tagelang unterwegs sein muss um einen pastoralen Mitarbeiter der katholischen Kirche zu treffen.

Kirche darf sich nicht nur ueber die Sakramente definieren. Armut, Exklusión und Umwelt sind die Themen. Geht es um die “kleinen Leute”, so wie bei Jesus?



5) Was hat Ihnen während Ihrer Zeit als Pfarrer einer Amazonasgemeinde am

dringendsten gefehlt? Wären mehr viri probati eine Hilfe gewesen?



Meine Pfarrei hatte 37 Doerfer am Putumayofluss umfasst, auf 800km Laenge. In nur 3 Doerfern gab es ueberhaupt Katecheten und das weiteste Dorf war 4 Tagesreisen entfernt. Da kann man nur Feuerwehr machen. Ich haette zunaechst Geld und Personal gebraucht fuer die Schulung und Neugewinnung von Katecheten. Spaeter haette ich sie zu Kommunionhelfern und staendigen Diakonen gemacht. In meiner Pfarrei waren die Viri Probati noch nicht dran.  In manchen anderen Gegenden vielleicht schon. Es muessten Leute aus dem Dorf sein, Indigene, die auf ihren Dienst erst vorbereitet werden muessten.



6) Wünschen Sie sich für Ihre Territorialprälatur  eines Verstärkung des

Klerus als Lösung?



Ich habe einen jungen Klerus, der aber bei weitem nicht ausreicht. Meine Praelatur ist duenn besiedelt mit ueberwiegend armen Kleinbauern. Von 22 Pfarreien sind nur 15 besetzt und jede hat zwischen 10-50 Doerfer zu betreuen. Wenn ich mehr Priester haette, koennten sie von den mageren Einnahmen dieser Doerfer kaum leben. Ich brauechte also nebenamtliche Priester, die noch einen Zivilberuf haben. Die gibts aber nur verheiratet, bzw. zusammenlebend. Ich braeuchte also Viri Probati, Will es zunaechst einmal als Notloesung mit Katecheten und verheirateten Diakonen probieren. Allerdings gibt es auch da ein Problem: Es gibt nur wenige kirchlich verheiratete Laien.



7) Welche Maßnahmen könnten die Seelsorger im Amazonas entlasten und die

Seelsorge in Gemeinden verbessern, in denen sonntags oft keine Eucharistie

gefeiert werden kann?



Im Amazonas ist Eucharistie im Unterschied zum Andengebiet nicht wirklich von den Bewohnern gefragt. Ein Wortgottesdienst ist fuer die meisten genauso eine Messe. Nur wir Theologen meinen, die Eucharistie waere halt das Wichtigste. Zunaechst koennten gut ausgebildete Katecheten sehr gut den Priester ersetzen. Aber diese Katecheten sollten auch eine Art Amt haben, das ihren Dienst in den Augen der Mitbewohner legitimiert.



8) Welche Erfahrungen haben Sie mir der so genannten "indigenen Theologie"

gemacht? Welches Gewicht kommt ihr zu?



Das ist eine grosse Hoffnung fuer mich. Wer mit Indigenen arbeitet muss eine indigene Theologie vertreten und eine indigene Kirche aufbauen, sonst wird Kirche fuer die indigenen Voelker immer ein Fremdkoerper sein. Inkulturación  bzw. Interkulturalitaet ist die entscheidende Herausforderung fuer die Kirche heute. Bisher wurde die Inkulturation des Evangeliums und damit eine effektive Evangelisierung durch den Verweis auf die “Weltkirche” auch hier in Peru immer verhindert. Daher ist diese Theologie auch in Peru noch nicht mehrheitlich angenommen, aber sie ist im Kommen.



9) Ein deutscher Bischof erwartet sich von der Amazonas-Synode eine Zäsur

für die Kirche. So stehe die hierarchische Struktur der Kirche genauso auf

dem Prüfstand wie ihre Sexualmoral und das Priesterbild. Auch die Rolle der

Frau in der Kirche müsse überdacht werden. Wie denken die Gläubigen in

Ihrer Territorialprälatur? Was erwarten sie von der Synode?



Natuerlich sind diese Fragen irgendwie mit drin in der Amazonassynode, aber sie treffen nicht den Kern. Die Kirche war am Amazonas bisher schlicht unfaehig, ihre hierarchische Struktur praesent zu machen, ganz geschweige  ihre Sexualmoral. Die Leute leben ihre Moral nicht die kirchliche, was vor allem mit der ganz grossen Abwesenheit der Kirche in ihrem Leben zu tun hat.  Aber das ist kein grosses Thema bei uns . Hier geht es vor allem um Umwelt und Inkulturation. Die Rolle der Frau ist allerdings auch hier in Thema. Es wird ueber ein neues Amt fuer Frauen nachgedacht, eine Art “Gynakolytat”, das dem Diakon zumindest gleichgestellt waere. Wir erwarten eine Kirche, die sich den Armen ganz konkret annaehert, sie beleitet und bestaerkt und fuer die Mutter Erde prohetisch eintritt.