miércoles, 20 de febrero de 2019

Sackgasse Pastoral 2030: Kehrt um und glaubt an das Evangelium!


Am Beginn der Fastenzeit wird den Glaeubigen Asche auf das Haupt gestreut und sie hoeren das Jesuswort: „Kehrt um und glaubt an das Evangelium“. Als ich nun kurz vor der Fastenzeit im Konradsblatt von der Pastoral 2030 las, spuerte ich die Asche auf dem Haupt gluehen. Mir wurde klar: Wir brauchen eine radikale pastorale Umkehr! Weniger Struktur und mehr Evangelium!

Wir verwalten uns zu Tode

Die Zahlen sind erschreckend: Kirchenaustritte auf hohem Niveau, Gottesdienstbesucher immer weniger und die Zahl der Priester, denen man die Leitung einer Seelsogeeinheit oder Grosspfarrei uebertragen kann, wird im Jahr 2030 etwa bei 80 Priestern liegen.  Als ich 1987 zum Priester geweiht wurde,  gab es noch ca. 800 aktive Priester.

Da scheint eine weitere Verringerung der Pfarreien oder Seelsorgeeinheiten alternativlos zu sein. Waren es vor 30 Jahren noch 1000 Pfarreien, sind diese nun schon auf 220 Seelsorgeeinheiten geschrumpft. Und die sollen nun wiederum auf 40 Kirchengemeinden reduziert werden. Viele Pfarrer sind entsetzt ueber solche Monsterpfarreien, die eigentlich keiner mehr leiten will. Gemeinden fuerchten die Aufloesung ihrer Identitaet und das voellige Verschwinden von Heimat in der Kirche. Schrumpfen wir uns wirklich gesund oder laufen wir in die Sackgasse der voelligen Selbstaufloesung hinein? Denn wenn man mit der Logik des staendigen Schrumpfens weiter machen wuerde, waere doch das Ideal damit erreicht, dass die ganze Erzdioezese eine einzige Pfarrei wird, in der dann der Bischof den einzigen Sonntagsgottesdienst haelt, den man ueber Livestream uberall mitverfolgen kann. Wollen wir etwa 2050 da ankommen?

In meiner Zeit als Pfarrer in Freiburg (1997-2001) war ich erschrocken wie wenig ich wirklich Zeit fuer die Seelsorge direkt bei den Menschen hatte. Die Verwaltung nahm mich in Anspruch, trotz Verrechnungsstelle. Meine Zeitfresser waren: Viele Sitzungen, die vorbereitet werden mussten. Schreibtischarbeit mit Post von Firmen, Geschaeftstellen, Ordinariat und Seelsorgeamt. Gebauderenovationen und Instandhaltung, .... Und mit der Pastoral 2030 wuerde Pfarrei noch groesser. Du bekommst als Pfarrer eine eigene Verrechnungsstelle, aber Du musst der Letztverantwortliche bleiben. Das heisst, du wirst ein noch besserer und efizienterer Manager sein muessen. Einem wirklichen Seelsorger bleibt da nur noch der Ausstieg oder die innere Emigration. (Ich habs gut, ich bin ausgewandert). Und werden diese Aussichten mehr junge Leute fuer das Priesteramt anziehen?

Alternativlos?

Meiner Meinung nach ist die Pfarreienzusammenlegung nicht alternativlos. Es gibt Alternativen und ueber die muss nachgedacht werden. Der springende Punkt ist die Leitung einer Gemeinde, Pfarrei, Seelsorgeeinheit, Kirchengemeinde oder wie immer man das Kind nennen will. Solange die Seelsorgeraume immer von einem Pfarrer geleitet werden mussen, kommen wir am Schrumpfen nicht vorbei. Aber wir werden uns dann wahrscheinlich zu Tode schrumpfen. Wir brauchen daher dringend Alternativen. Und es gibt sie in der Weltkirche. Als noch „junger“ Bischof in Peru (seit eineinhalb Jahren) moechte ich ein paar Alternativen aus der Weltkirche nennen, die man naturlich nicht eins zu eins kopieren kann. Aber man koennte sie benutzen um Alternativen zur Schrumpfpastoral zu finden.

1.       Alternative Suedamerika: Laut Kirchenrecht kann bei grossem Priestermangel die Leitung einer Pfarrei einem Laien uebertragen werden. Das geschieht in Peru schon lange auf unterschiedliche Weise:

-          Pfarreien werden in einigen Faellen an Ordensschwestern oder Katecheten uebertragen, die dort als eine Art Pfarradministratoren taetig sind.

-          Teilgemeinden einer Grosspfarrei (meist Stadteile in Armenvierteln oder ganze Doerfer auf dem Land) werden dem dort ansaessigen Katecheten zur Verwaltung und Liturgie (Wortgottesdienste, Beerdigungsriten, manchmal auch Taufen) uebertragen. Der Pfarrer muss sich dann weder um Kirchenbau noch sonstige Dinge in dieser Teilgemeinde kuemmern). Das geschieht in meiner Praelatur im groessten Teil der Teilgemeinden ausser am Pfarrsitz. Der Pfarrer ist entlastet, kommt nur ein paarmal im Jahr zur Eucharistiefeier in diese Doerfer.



2.       Alternative Schweiz: Dort werden meines Wissens kaum Pfarreien zusammengelegt. Das liegt an der Kirchensteuer: Die geht naemlich direkt an die Pfarrei. Und je nach Kirchensteuereinnahmen kann sich die Pfarrei dann einen Pfarrer oder Gemeinderefernten leisten. Dadurch schrumpft die Verwaltungsarbeit sowohl im Ordinariat als auch in jeder Pfarrei betraechtlich.



3.       Alternative Poitiers/Frankreich Die bisherigen Gemeinden werden von Pastoralteams geleitet. Das sind Laien, die in diesen Gemeinden leben. Sie halten dort auch Wortgottesdienste am Sonntag und verwalten ihre Gebaude. Der Pfarrer feiert die Eucharistie am Hauptort hin und wieder in den uebrigen Gemeinden. Er gibt Impulse und spricht sich mit den Teams ab.



Ich finde es gut, das die Erzdioezese Freiburg wie andere Dioezesen auch, die Probleme ganz realistisch anschaut, den Leuten nichts vormachen will und sich nicht scheut, auch schwierige Dinge vorzuschlagen. Aber ist „Pastoral 2030“ wirklich die einzige Alternative? Mir scheint, die Pastoral 2030 muesste in Wirklichkeit Kirchenverwaltung 2030 heissen. Die eigentliche Seelsorge wird naemlich ganz ausgeblendet oder es wird erwartet, dass die dann in den neuen Strukturen irgendwie vom Himmel faellt. Mir scheint bei der Pastoral 2030 haben mehr Verwaltungsfachleute das Sagen gehabt als Pastoraltheologen. Mir scheint, wir brauchen dringend eine Umkehr zum Wesentlichen, zum Evangelium.

Pastorale Umkehr

Mir ist ein Wort von Papst Franziskus in  „Evangelii Gaudium“ wichtig geworden. Da wirbt er eindruecklich fuer eine „pastorale Umkehr“ (EG 25-33) in unseren Pfarreien. Kurioserweise wurde dieser Begriff in der deutschen Uebersetzung nur sehr abgeschwaecht mit „Neuausrichtung der Seelsorge“ wiedergegeben. (Papst Franziskus aber hat diesen Text weitgehend aus dem Dokument von Aparecida 365-372 uebernommen, wo es ohne Zweifel „Conversión pastoral“ heisst). Die Pastoral braucht eine radikale Erneuerung, kein „weiter so wie bisher“.  Zusammenlegung von Pfarreien ist zunaechst einmal eine strukturelle Antwort auf den Priestermangel. Nach Evangelii Gaudium 26 koennen die neuen Strukturen „nuetzlich sein, wenn ein Leben da ist, das sie beseelt, sie unterstuetzt und sie beurteilt. Ohne neues Leben und echten, vom Evangelium inspirierten Geist ... wird jegliche neue Struktur in kurzer Zeit verderben“. Ist das nicht genau fuer die Pastoral 2030 gesagt?

Fuer mich heisst Pastorale Umkehr hinhoeren, was Gott uns in dieser Krisensituation sagen will und darauf eine neue, kreative Antwort geben. Ich moechte einfach einmal etwas fuer die Zukunft traeumen, wie die Seelsorge 2030 aussehen koennte. Vielleicht koennte die Verwaltung 2030 ja weitgehend so aussehen, wie sie in dem Papier angedacht ist.

Ein Traum fuer die Erzdioezese Freiburg

Ich traume von Pfarreien die geistlich geleitet werden von einem Priester, der fuer das Volk die Sakramente feiert, und mit seinem Pastoralteam aus hauptamptlichen pastoralen Mitarbeitern die Ehrenamtlichen in der Pastoral begleitet und inspiriert. In jeder dieser Pfarreien gibt es viele territoriale Gemeinden, die sich um eine der Kirchen herum bilden. Daneben gibt es auch personale Gemeinden, die unabahaengig von kirchlichen Gebaeuden sich treffen und Dienste leisten. Alle diese Gemeinden werden von Gemeindeteams geleitet, die sowohl fuer die Finanzen, Katechese und Diakoníe in ihrem Bereich als auch fuer ihre nichtsakramentale Liturgie  verantwortlich sind. Diese Gemeindeteams konnten von einem Diakon oder einem auch Frauen offenstehenden neuen Amt in der Kirche geleitet werden. So eine Gemeinde koennte ihr Existenzrecht durch eine Mindestzahl an festen (evt. zahlenden) Mitgliedern erwerben. Alle ihre Dienste und Aemter sind ehrenamtlich, es sei denn, sie koennen welche aus ihren eigenen Einnahmen finanzieren. Die Pfarrei hat hingegen ausserdem ein Verwaltungsteam (Verrechnungsstelle), deren Leiter der Letztverantwortliche fuer alle Verwaltung ist. Dabei stehen der Verwaltung nur 50% aller Personalstellen und 50% der Finanzen zur Verfuegung, der Rest steht fuer pastorale Aufgaben bzw. Personal zur Verfuegung. Das gilt auch fuer die Dioezesanleitung. Vielleicht koennte man so den Einfluss der Verwaltung auf die Pastoral in Grenzen halten. Das Hauptaugenmerk der Pastoral sollte auf der Entstehung und Begleitung von solchen Klein-Gemeinden liegen. Alles was diese (kleinen) Gemeinden selbst tun koennen, sollen sie auch tun duerfen. Die Pfarrei als eine Art subsidiaere Struktur bietet dann zentral alle Dienste an, die diese kleinen Gemeinden nicht selbst leisten koennen. Wenn eine Pfarrei nicht eine Mindestzahl an lebendigen Kleingemeinden aufweisen kann, verliert sie ihr Lebensrecht. Die Kirche wird in diesen Kleingemeinden leben, oder sie wird nicht leben.

Wie gesagt, dieses Kapitel ist nur ein Traum. Aber wenn viele gemeinsamen traeumen, so ist das der Beginn einer neuen Wirklichkeit. Sagte schon Helder Camara.

Ich wuensche den Verantwortlichen und allen Glaubigen der Erzdioezese Freiburg den Beistand des Heiligen Geistes, damit sie zu einer guten Unterscheidung gelangen, die Leben weckt. .



Caravelí/Perú,  Februar 2019                     Reinhold Nann

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