Wahl- Kampf der Kulturen
Wie vor mehr als 500 Jahren prallten im Mai/Juni 2021 in
Perú 2 Kulturen aufeinander: die westlich-Rationale auf die andin-Magische. Und
wie es Stichwahlen so an sich haben: das Land spaltete sich in 2 Teile: Auf der
einen Seite steht Keiko Fujimori mit der diktatorialen Vergangenheit ihres inhaftierten
Vaters. Sie konnte fast die gesamte Ober
und Mittelschicht vor allem in Lima und in den Kuestenstaedten hinter sich bringen.
Ihr gegenueber steht Pedro Castillo, ein Gewerkschaftsfuehrer und Lehrer im
Hinterland, der immer mit dem typischen Hut der andinen Bevoelkerung auftrat
und die Ausrottung der Armut versprach. In seinem Wahlprogramm wird der Marxismus-Leninismus
als Basis genannt.
Kardinal Pedro Barreto und Buergerrechtsorganisationen hatten kurz vor der Sichwahl beide Kandidaten
zum Unterschreiben einer Buergerrechtserklaerung gebracht, auf der sie sich zum
Einhalten grundsaetzlicher demokratischer Regeln verpflichteten. Diese
Selbstverpflichtungen koennen nun nach der Wahl vom Gewinner eingefordert
werden. Die Bischofskonferenz hat sich neutral verhalten, waehrend einzelne
Bischoefe und Priester und auch evangelische Prediger sich doch sehr dezidiert
in den angeblichen “Kampf gegen den Komunismus” einspannen liessen.
Am 6. Juni war Wahltag. Wie im Krimi war lange unklar wer
gewinnen wuerde. Nach ueber einer Woche und Auszehlung von 100% der Stimmen
liegt nun Castillo mit 50,125% vorne. Aber Fujimori gab nicht auf. Mit 500
Anwaelten wurden ganze Wahllokale beanstandet, und nun muss das oberste
Wahlgericht ueber hunderte von Antraegen (mit ca 200.000 Stimmen) einzeln
entscheiden. Inzwischen werden die Leute auf der Strasse ungeduldig: Die Armen
glauben, dass man ihre Stimmen annulieren will und die Reichen verteidigen in
grossen Aufmaerschen die “Demokratie” oder auch nur den eigenen Geldbeutel
gegen den “Kommunismus”. Es sieht sehr nach dem letzten Zappeln eines toten
Fisches aus, aber dahinter koennte auch die Strategie stehen, dass nur ein
Militaerputsch das Chaos der Strasse beenden wuerde.
Ich bin von keinem der beiden Kandidaten ueberzeugt. Aber in
einer Demokratie muss die Entscheidung der Mehrheit respektiert werden und in
meiner Praelatur (Arequipa/Ayacucho) haben ueber 80% Castillo gewaehlt. Jetzt ist
es wichtig, die Wahlpolemik erstmal abzulegen und zum Wohl aller miteinander zu
reden. Vielleicht ist es doch moeglich sich ueber einige Punkte der Pandemie-
und Armutsbekaempfung einig zu werden. Pedro Castillo hat im Parlament nur eine
kleine Minderheit hinter sich, die nicht ausreicht eine jederzeit moegliche
Amtsenthebung zu verhindern. Wenn er sich nicht der demokratischen Mitte
annaehert, werden wir ihn wahscheinlich nicht allzu lange als Praesident haben.
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